21.05.2007 Aus Freunden wird eine Menschenkette

Festakt zum 20-Jahr-Jubiläum der Partnerschaft Gorron-Schwaikheim in der Gemeindehalle

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Als Gastgeschenk bekam Bürgermeister Häuser eine Wetterfahne überreicht. Bild: Pavlovi´c

Schwaikheim (usp). Bewegende Momente in der Gemeindehalle: Zu den beiden Nationalhymnen fassten sich die Tischnachbarn bei den Händen. Zur anschließenden Europahymne schlossen sich sogar alle kurz, so dass eine imposante Menschenkette entstand. Und für Geburtstagskind Marie-Therese aus Gorron gab es ein Ständchen, auf Französisch, versteht sich. Die Herren, die wollten, durften ihr ein Küsschen geben.

20 Jahre Partnerschaft Schwaikheim-Gorron, da durften beim offiziellen Festakt Reden nicht fehlen. Bürgermeister Gerhard Häuser erinnerte daran, dass der Ursprung der Freundschaft mit den Franzosen mittlerweile sogar fast 40 Jahre zurückreicht. 1967 hatte der Schwaikheimer Verband der Heimkehrer Gorron besucht.

Diese Delegation sei der Wegbereiter gewesen in einer Zeit, die noch von Vorurteilen und Misstrauen geprägt war, so Häuser weiter. Der Wunsch, sich über Grenzen hinweg kennen, verstehen und schätzen zu lernen, war allerdings stärker. Im Lauf der Jahre weiteten sich die freundschaftlichen Beziehungen aus, wurden tiefer. Längst gehört der regelmäßige Austausch zum Alltag der Partnerschaft.

Entscheidend, dass nicht nur Mandatsträger sich trafen

1986 besiegelten Häusers Amtsvorgänger Lothar Krüger und Maurice Dufour die offizielle Gründung der Gemeindepartnerschaft. Auch Dufours Nachfolger Jean Corbeau setzte sich für diese ein. Wichtig für eine lebendige Partnerschaft sei gewesen, so der Bürgermeister weiter, dass nicht nur Mandatsträger der beiden Kommunen sich trafen, sondern auch Sportler, Musiker, die Jugend.

Während in Gorron das Partnerschaftskomitee unter dem Vorsitz von George Launay gegründet wurde, rief 1976 der Verband der Heimkehrer Schwaikheim einen Arbeitskreis Schwaikheim-Gorron mit Willy Bähr an der Spitze ins Leben. 1987 entstand daraus der Partnerschaftsverein. Stellvertretend sind auf französischer Seite Robert Pirault und Michel Chalot, auf Schwaikheimer Seite Renate Sziede zu nennen.
Mindestens zwei Gorroner-Schwaikheimer Familienbande

Häuser erinnerte auch an Maurice Phelipot und Jochen Krusch, beide früh verstorben, beide hatten sich besonders um die Partnerschaft verdient gemacht. Der Bürgermeister führte als Beispiel für die Intensität der Freundschaft die Familie Bregler beziehungsweise Renault an, konkret Inge Bregler und ihre Tochter Karin Renault beziehungsweise ihren Mann Thierry. Auch Heike Langer, Tochter von Peter Langer, dem Vorsitzenden des Musikvereins, und Thomas Robieu haben „sich gefunden“.
Auch ein gutes Essen und ein paar gute Flaschen Wein halfen

Der Gorroner Bürgermeister Jean-Marc Allain erinnerte daran, dass im Zeitraum 1965/66 der Zweite Weltkrieg erst 20 Jahre zurückgelegen hatte. Georges Launay, heute 96 Jahre alt, war einer der Gründer der ersten Begegnungen. Auch die anderen seien „Pioniere des Friedens“ gewesen. Nach anfänglichem Bangen und Aufregung – und nach einem guten Essen und ein paar guten Flaschen Wein – seien schnell Vertrauen und in der Folgezeit tiefe Bindungen entstanden, so Allain weiter.

Der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, Tilo Schmid, erinnerte an Begebenheiten in den 20 Jahren, wie den Umzug durch Schwaikheim mit dem Spielmannszug, die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden auf dem Gorroner Platz und die feierliche Einweihung des Platzes durch die beiden Bürgermeister, die sportlichen Leistungen der Marathonläufer und der Radfahrer beim Überbrücken der fast 1000 Kilometer Entfernung, den ersten Besuch des Musikvereins in Gorron 1982, den Gegenbesuch der Gorroner Kapelle zum 75er-Jubiläum der Schwaikheimer Kameraden und nicht zuletzt an den Jugendaustausch.

Joseph Poirier, der Vorsitzende des Gorroner Partnerschaftskomitees, steuerte in seiner Rede eine Begebenheit bei: Im Sommer ‘72 hatte sich ein junger Gorroner aufs Motorrad gesetzt und war losgefahren, mit einem Wörterbuch, einer Straßenkarte und ohne Deutschkenntnisse. Er fand Schwaikheim, sprach dort das „Passwort“ Gorron aus und schon war er aufgenommen, nicht zuletzt von einem gewissen Werner Lücke, dem damaligen Vorsitzenden der Heimkehrer. Dieses Erlebnis sagte ihm, dass er wieder kommen müsse. Es war Poirier selbst.

Alle 100 Gorroner privat untergebracht

Dass die Partnerschaft in der „Fülle des Lebens steht“, sei doch dadurch bewiesen, dass rund 100 Gorroner, die zum Jubiläum nach Schwaikheim kamen, dort allesamt privat untergebracht sind, so Altbürgermeister Lothar Krüger in seiner Rede. Angesichts dessen, dass heutzutage Partnerschaften mit australischen, südafrikanischen oder japanischen Gemeinden gang und gäbe sind, sei die Entfernung zwischen Gorron und Schwaikheim nur noch ein Katzensprung, so Krüger. Auch die anfänglichen Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten seien stetig am Abklingen. Mit Bezug auf den langen Vorlauf bis zur offiziellen Besiegelung der Partnerschaft meinte Krüger: „Das ist wie bei einem Paar, das sich schon viele Jahre kennt und verlobt ist, und sich dann doch noch entschließt, auch noch zu heiraten.“