Besuch im Zeichen der europ. Verbundenheit
Eine Schwaikheimer Abordnung besuchte vom 18. bis 21. Juni die Partnerstadt Gorron in der Region Pays de la Loire.
Die offizielle Delegation angeführt von Bürgermeister Gerhard Häuser, wurde verstärkt durch Mitglieder des Gemeinderats, des Partnerschaftsvereins und der Schwaikheimer Feuerwehr.
Die Reise begann am frühen Morgen des 18. Juni. Nach etwa 12 Stunden Fahrt ereichte der Bus um kurz nach 19 Uhr das Gorroner Rathaus, wo Bürgermeister Jean -MarcAllain, der Vorsitzend des dortigen Partnerschaftskomitees Joseph Poirrier und die Gastfamilien die Besucher aus Deutschland empfingen. Allain und Poirier hießen die Gäste herzlich willkommen und erläuterten das vorgesehene Programm für den zweitägigen Aufenthalt. BM Gerhard Häuser und der Vorsitzende des Schwaikheimer Partnerschaftsvereins Tilo Schmid dankten im Namen der Besucher für den herzlichen Empfang. Nach einem Begrüßungstrunk ging es in die Gastfamilien. Die meisten Schwaikheimer kannten ihre Gastgeber bereits aus früheren Begegnungen.
Europa den Bürgern näher bringen
Die Verantwortlichen im Gorroner Rathaus hatten diesmal ein dichtes Besucherprogramm zusammengestellt. So stand gleich am Samstagvormittag die offizielle Eröffnung des neuen Europa-Informationspunktes an . Diese Stelle vermittelt den Bürgern die politischen und alltagsrelevanten europäischen Entwicklungen, berät die lokalen Akteure bei der Realisierung ihrer europäischen Projekte und wirkt durch die Organisation von Austauschen an einer engeren Verbindung der europäischen Völker mit. Untergebracht ist die Europa-Informationsstelle in den Räumen des Gorroner Jugeninformationszentrums. Jean-Pierre Morteveille, der Vorstand des Europahauses im Département Mayenne, der bei der offiziellen Eröffnung anwesend war, erklärte, es sei besonders angemessen eine europäische Informationsstelle mit einem Jungendinformationspunkts zu verbinden. „Die Jugend ist der Macher des Europas von Morgen und somit unsere Hauptzielgruppe“. Das Europahaus von Mayenne organisiert vom 6. bis 9. Mai 2011 das 2. Europa-Festival, ein Treffen von Sportlern, Musikern und Kulturschaffenden aus allen Partnergemeinden des Départements Mayenne. Morteveille lud auch Gorron und Schwaikheim zur Teilnahme an diesem Festival ein. „Zu wissen, wie die Europäische Union funktioniert und welche Aufgaben sie übernimmt, kann uns den Blick darauf freigeben, welch großartige Chancen und Möglichkeiten uns in Europa offen stehen“, sagte Bürgermeister Häuser in seinem Grußwort und wünschte allen Beteiligten viel Erfolg bei ihrer künftigen Arbeit.
Nach der Eröffnung des Europa-Informationspunktes stand die Einweihung weiterer kommunaler Einrichtungen auf der Tagesordnung. Bürgermeister Allain, Gorroner Gemeinderäte, der Präfekt von Mayenne sowie Abgeordnete und Vertreter des dortigen Gemeindeverbands weihten die umgebaute Sporthalle, das Schwimmbad und das neue Hackschnitzelkraftwerk ein. Letztes versorgt sechs kommunale Einrichtungen – drei Schulen, die Post, das Schwimmbad, die Sporthalle und die Polizeiwache – umweltfreundlich mit Wärme. Nach den Einweihungen verlieh der Präsident des regionalen Olympischen Komitées Marcel Retailleau in einer feierlichen Zeremonie Gorron die Auszeichnung „Sportlichste Stadt unter 3500 Einwohner in der Region Pays de la Loire“.
Kranzniederlegung für die Gefallenen des 2. Weltkriegs
Bei dihrem diesjährigen Besuch legte die Schwaikheimer Delegation gemeinsam mit der Gemeinde Gorron einen Kranz am Denkmal für die gefallenen Soldaten des 2. Weltkriegs nieder. Nach der Landung der allierten Truppen in der Normandie im Jahr 1944 waren das Gorroner Rathaus und einige umliegenden Gebäude von den deutschen Besatzungstruppen zu einem Lazarett umfunktioniert worden. In einer sehr bewegenden Rede, die vielen Anwesenden die Tränen in die Augen trieb, schilderte der Vorsitzende der ehemaligen Kriegsheimkehrer André Ledauphin die heftigen Kämpfe vor allem bei Mortain – etwa 30 Kiloömeter von Gorron entfernt – bei Argentan und am Mont Ormel. Dabei fielen zahlreiche Soldaten auf beiden Seiten. „Die älteren Gorroner erinnern sich noch, wie die verwundeten deutschen Soldaten nach ihren Müttern riefen“, erzählte Ledauphin. Als die Deutschen aufgrund ihres Rückzugs das Lazarett nicht mehr halten konnten, waren die Soldaten ohne Hilfe zurückgelassen woren. Die meisten starben. Etwa 2.200 sind auf einem Soldatenfriedhof in Gorron beigesetzt worden. Im Jahr 1961 wurden sie umgebettet und fanden am Mont d’Huisne in der Nähe vom Mont Saint Michel ihre letzte Ruhestätte.
„Wir haben auf dem Denkmal 2.200 Soldaten angegeben aber wir schätzen, dass etwa 4000 deutsche Soldaten in unserer Region gefallen sind“, sagte Ledauphin. Ganz in der Nähe befand sich auch ein amerikanischer Soldatenfriedhof. Dort lagen bis zu ihrer Rückführung in die Heimat und Umbettung auf den Soldatenfriedhof St. James, 752 gefallene amerikanische Soldaten. Für die Gefallenen beider Länder wurden bei Route de Couesmes, etwas außerhalb von Gorron Denkmäler errichtet.
„Die Soldatenfriedhöfe und die Narben der beiden Weltkriege haben den Völkern Europas, besonders dem deutschen Volk, die andauernde Pflicht auferlegt, Rassismus, Antisemitismus und totalitären Ideologien zu widerstehen“, betonte Bürgermeister Häuser bei der Kranzniederlegung. Zum Schluss der ergreifenden Zeremonie ertönten die Nationalhymnen beider Länder und die Europahymne, während sich die Anwesenden als Zeichen der Freundschaft und Verbundenheit an den Händen fassten.
Frankreich vor der Reform der Gebietskörperschaften
Thema der gemeinsamen Gemeinderatssitzung am Samstagnachmittag war die geplante Reform der Gebietskörperschaften in Frankreich. Der Gorroner Bürgermeister erklärte den deutschen Gästen, dass im Rahmen dieser Reformen die Zuständigkeiten der Regionen und der Départements neu zugeschnitten werden. Die großen Ballungsgebiete sollen sich zu Metropolregionen zusammenschließen können. An Stelle der „cantons“, der Bezirke eines Départements, sollen künftig größere Territorialeinheiten treten, in denen in einem einzigen Wahlgang die Mitglieder sowohl der Regional- als auch der Département-Versammlungen bestimmt werden solllen. Die gemeinsamen Vertreter von Départements und Regionen, die so genannten Gebietsräte, sollen die Annäherung zwischen diesen beiden Gebietskörperschaften fördern. Bereits für die Wahlen im Jahr 2014 soll das Mandat eines Gebietsrats geschaffen werden. Dieser wird künftig an den Sitzungen sowohl des Départementrats als auch des Regionalrats teilnehmen. „Im Auftrag seines Départements wie seiner Region und angesichts seiner Erfahrungen als lokaler Mandatsträger wird der Gebietsrat besser in der Lage sein, das Vorgehen dieser beiden Gebietskörperschaften zu organisieren und zwar nicht in Konkurrenz, sondern ergänzend zueinander“, erklärte Jean-Marc Allain in seiner Präsentation. Durch die geplante Reform der Gebietskörperschaften soll die Dezentralisierung des französischen Administrationsapparates weiter vorangetrieben werden.
Neuer Schwung für die Städtepartnerschaft
Am Samstagabend verwandelte sich ganz Gorron in eine Freiluftbühne. Auf allen Straßen und öffentlichen Plätzen wurde das Musikfest gefeiert. Profi- und Amateur-Bands aller Musikrichtungen spielten auf mehreren Bühnen live und ohne Honorar. Der Eintritt für das Publikum war frei. Die Mitglieder der Schwaikheimer Delegation verbrachten auf diesem Fest schöne und entspannte Stunden gemeinsam mit ihren Gastgebern.
Am Sonntag führte ein Ausflug Besucher und Gastgeber in die Normandie zu einem Gestüt, in dem es auch Vorführungen mit Arbeitspferden gab. Der fröhliche Abschiedsabend fand im Saal „Jeanne d’Arc“ bei Tanz und Musik statt. „Der Besuch in Gorron hat unserer Partnerschaft neuen Schwung verliehen“, zog BM Gerhard Häuser Bilanz. „Mit Blick auf das fünfunzwanzig-jährige Partnerschaftsjubiläum im Jahr 2011 geht unser Städtepartnerschaft einem neuen Abschnitt entgegen“, ist sich der Bürgermeister sicher. Häuser lud die Partnerstadt zu einem Gegenbesuch in Schwaikheim im nächsten Jahr an Christi Himmelfahrt ein.